... vor dem Fenster ...

Und ein weiterer, anstrengender, langer Arbeitstag. Über alle Versuche, an anderer Stelle eine Art Arbeitszeitschutzgesetz auch nur annähernd umzusetzen, muss ich spontan lächeln. Es ist Sommer – da draußen zumindest. Wenn ich die Nase ans Fenster drücke und in den Innenhof hochschiele, sehe ich hoch über mir ein wenig von dem blauen Himmel - da draußen. Es wird dunkel sein, wenn ich am Abend endlich hier herauskomme. Die vereinzelten Kirchen werden verschlossen sein, die Gottesdienste werden lange vorbei sein am Abend - dann wenn ich „nichts“ getan habe, außer meine Arbeit vor Deinem Angesicht, mein Gott, nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen.

Es verbleibt dann nur diese schreckliche Dunkelheit in mir und in meinem Leben, die mich zu erdrücken scheint. Dabei erzählen mir die Mitmenschen jeden Tag vom Sommer, von der Natur, vom Urlaub, von Wander- und Fahrradtouren, vom Schwimmbad … Andere Menschen erzählen von der Mitfeier beim Gottesdienst, vom gemeinsamen Gebet, von der Eucharistie, von Seiner Nähe.

Wie gefangen fühle ich mich in diesem Beruf, an dieser Arbeitsstelle, die ich mir doch selber ausgesucht hatte, die doch auch so viel Gutes und Positives beinhaltet. Die Zweifel nagen, die Verzweiflung klopft an. Wo bist Du, mein Gott? Was soll ich tun? Wie soll ich in der Welt sein, wenn dieses Dasein in der Welt mich Dich zu verlieren lassen scheint ?! Ich verstehe einfach nicht, ich kann nicht mehr …

Am späten Nachmittag muss ich in einem anderen Büroraum etwas holen gehen. Ein langer, heller Raum, in dem um diese Uhrzeit niemand mehr ist. Von der Türe aus blickt man in Richtung auf ein übergroßes Fenster gegenüber, dahinter die Stadt mit grünen Bäumen und 2 Kirchtürmen, darüber spannt sich der blaue Himmel – und davor ? Davor dieses riesige, lebensgroße Fensterkreuz, das ganz nahe ist, das mit mir in diesem Raum ist, das Raum und Stadt und auch den blauen Himmel darüber umgreift. Mit einem Mal überwältigt es mich völlig, Sein Dasein und Seine Nähe überwältigen mich, so dass ich mit einem stummen Gebet nur niederknien kann in „meiner“ Kapelle, in „meinem“ Gefängnis, in dem ER da ist, ER mitgeht, ER mich trägt und hält, ER mich für IHN dasein lässt in einem Umfeld, das wirklich Diaspora ist, das IHN so bitter nötig hat und noch weniger Möglichkeit hat, IHM näher zu kommen, als ich das habe. ER hat mich an sich gebunden, ER trägt mich, ER hat mir sogar eine Art eigene „Kapelle“ eingerichtet. Ich muss nur aushalten, durchhalten, mich von IHM tragen lassen – zu meinem Heil und zum Segen für meine Mitmenschen.     (sm)